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Imaginary Landscape No. 4 (Cage, John), 19514\'33\'\' (Cage, John), 1952
 
 
 

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Rezeptiv-analytische Strategie: John Cage und das Radio

Statt auf der Seite der Sender findet John Cage in den USA den Freiraum für eine künstlerische Neudefinition des Mediums auf der Empfängerseite. In der Komposition »Imaginary Landscape No. 4« von 1951 sowie einigen weiteren Stücken setzt er das Radio als Musikinstrument ein. 24 Ausführende stellen nach den Anweisungen der Partitur an 12 Radios Lautstärke, Tonhöhe und Sender ein. Das Stück ist vier Minuten lang, und schon ein Jahr vor seinem berühmten, stillen Stück »4'33''« wird hier eine Überlagerung von zwei Zufallstrukturen eingeführt: Für die Komposition verwendet Cage Zufallskomponenten des chinesischen Orakels I Ging, und diese verbinden sich mit dem zufälligen Klangmaterial der Radiosender, die jeweils an Ort und Zeit der Aufführung auf den vorbestimmten Frequenzen zu empfangen sind. Cage verwirklicht so eines der ersten völlig »offenen Kunstwerke« unter Einsatz technischer Medien – übrigens noch bevor Umberto Eco 1958 diesen Begriff prägt.[16]

In der Tat setzt »Imaginary Landscape No. 4« in dreifacher Hinsicht einen Neuanfang im Werk von Cage:

 

Es ist die erste Aufführung eines Stückes, bei der er das I Ging verwendet, und es ist die erste Verwendung von nicht vorherbestimmter Medieninformation.[17] Hier treffen sich zwei entgegengesetzte Ausgangspunkte von Cages Ansatz:Das uralte chinesische Orakel und die moderne amerikanische Medientechnik. Drittens führt »Imaginary Landscape No. 4« bereits die Stille als Kompositionselement ein. Denn Cage sagt, dass bei der Uraufführung von 1951 »fast kein Ton« zu hören war und ihm diese Tonlosigkeit des Stücks schon bei dessen Komposition bewusst war.[18]

Das Publikum von »Imaginary Landscape No. 4« erlebt ebenso wie bei »4'33''« vier Minuten gesteigerter Sensibilität, in denen das reine Lauschen an die Stelle des musikalischen Inhalts tritt, allerdings noch vermittelt über die als Instrumente eingesetzten 12 Radioapparate, welche die massenmediale Allgegenwart der Sender im Moment der Aufführung als ästhetisches Rohmaterial erfahrbar machen. Insofern könnte man in heutiger Terminologie sogar »4'33''« als ›unplugged‹ Version des Stücks für Radios bezeichnen. In beiden Stücken findet die Kunst nur noch auf der

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