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Die Methodik der generativen Kunst
Tjark Ihmels, Julia Riedel
 
musikalisches Würfelspiel (Mozart, Wolfgang Amadeus)
 
 
 

 

Bereits Wolfgang Amadeus Mozart entwickelte ein »musikalisches Würfelspiel«[1], das die meisten Elemente in sich trägt, die heutzutage mit generativen Tools in Verbindung gebracht werden. Das Stück trägt den erklärenden Untertitel: »Walzer oder Schleifer mit zwei Würfeln zu componieren ohne musikalisch zu seyn noch von der Composition etwas zu verstehen«. Mozart komponierte dafür 176 Takte Musik, aus denen durch Würfeln sechzehn Takte aus einer Liste auswählt wurden, die dann am Klavier vorgetragen ein neues Stück ergaben. Sechzehn Takte mit je elf Möglichkeiten ergeben 1116 verschiedene Musikstücke, wovon jedes eine eigene Komposition darstellt. Anhand dieses historischen Beispiels lässt sich die Methodik von generativer Kunst gut umschreiben: Die konsequente Anwendung eines vordefinierten Handlungsprinzips zum bewussten Ausschluss oder als Ersatz individueller ästhetischer Entscheidungen setzt die Generierung neuer gestalterischer Inhalte aus dafür bereitgestelltem Material in Gang. Bei dem genannten Musikstück handelt es sich keineswegs um eine einmalige Spielerei des Komponisten. Ein Skizzenblatt zum Adagio KV 516 zeigt einen Entwurf, der

 

nach einem, dem Würfelspiel ähnlichem Prinzip aufgebaut ist. So liegt die Vermutung nahe, dass sich hinter diesem Verfahren eine ernsthafte Arbeitsmethode verbirgt, die Mozart teilweise angewendet hat, um sich an Kompositionen heranzuarbeiten. Die Musikwissenschaft führte dafür den Begriff der »aleatorischen Musik«[2] ein. Der Name leitet sich von dem lateinischen Substantiv »aleator« (der Würfelspieler) ab und könnte für das genannte Beispiel nicht zutreffender gewählt sein. In der aleatorischen Musik werden Zufallskriterien in Kompositionsprozesse einbezogen. Zu dieser Gattung gehören eine beträchtliche Anzahl von musikalischen Werken. Es bietet sich an im Zusammenhang mit generativen Tools einige dieser Kompositionen vorzustellen, da hier wesentliche künstlerische Ansprüche postuliert wurden, die in die aktuelle Diskussion über generative Kunst einbezogen werden müssen. In einem beispielhaften Überblick soll im Folgenden dargestellt werden, dass sich mit dem Begriff »generativ« keine einheitliche künstlerische Haltung verbindet, sondern eine Methode künstlerischer Arbeit, die aus den unterschiedlichsten

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