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Themenicon: navigation pathMapping und Texticon: navigation pathDer kartografische Blick
 
Melencolia (Dürer)
 
 
 

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mit ihren Kriegsmaschinen, aber auch die von Beherrschten, Diasporas und »postkolonialen « Minderheiten.

Es gibt somit ein Zeit-Werden des Raumes. Und in einer Situation, die von der Revolution der Technologien gekennzeichnet ist, ist es mehr als jemals zuvor angezeigt, zwei Formen zu unterscheiden, die für die ephemere Zeit charakteristisch sind. Eine ephemere melancholische Form, die der schwarzen Galle der Griechen und der Eitelkeiten der Modernen (vgl. die »Melencolia« von Dürer) [10] und des ganzen westlichen Denkens, das nicht auf die von ihm besetzten Objekte verzichten und eine freudsche »Trauerarbeit« vornehmen will. Und eine ephemere Form der Bejahung, die eher an Nietzsche orientiert ist und die ich mehr als anderwo bei meinen Aufenthalten in Japan und China gefunden habe. Die Vergänglichkeit (das japanische mujo) ist die positive Erfassung der Zeit in ihren Vibrationen, Übergängen, Rhythmen und all ihren Brüchen, die das Technologische und das Kosmologische vereinen. Wie einer der ältesten Texte der Menschheit – »Das Buch der Wandlungen« [11] – zeigt, geht es darum, Zielsetzungen und Energien zu

 

kombinieren, um »den vorbeikommenden Fluss« (peng yun qi) und die dem günstigen Moment eigene Dynamik zu erfassen. Deshalb bedeutet das Ephemere kein passives Akzeptieren der Gegenwart, sondern ihre Erfassung in der Modulation von Geschöpfen und Dingen, in ihrer Einheit und Differenz.

Um eine Unterscheidung von Hannah Arendt aufzunehmen, die potentia als schöpferische Potenzialität eines gemeinsamen Raumes, der vom »pluralen Einen« durchwirkt ist, unterscheidet sich radikal von der potestas als Logik der Macht. So wie es eine Politik von Flüssen, die zur potestas gehört, geben kann, gibt es auch eine Ästhetik, das heißt eine Ethik der Schöpfungskraft, bei der die Virtualität eine Kraft zur Umgestaltung des Realen und nicht nur ein schlichtes Universum von Simulakren ist. Denn bei dieser nomadischen Wissenschaft, die das kartographische Auge uns enthüllt, gibt es immer nur Trajekte und Formen des Werdens, momentane Stillstände und entzifferbare Energiewege, die es ermöglichen, den Parameter der Veränderung und der Verlagerung in den Blick zu bekommen. Die Ästhetik der Flüsse und Strömungen ist auch eine Wissenschaft

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