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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathWüsten des Politischen
 
 
 
 
 

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dehumanization, dematerialization, Dekonstruktion. Die Wüste löst auf, trennt, entfernt. Besonders der Begriff der »Desintegration« gewinnt für die Beziehung von Wüste und Wahrnehmung an Bedeutung. In »A Sedimentation of the Mind: Earth Art«, einem Essay von 1968, leitet Smithson, der nie auf ein erlesenes Motto oder Zitat verzichten konnte, einen Abschnitt zum Begriff der Wüste mit zwei kurzen Zitaten ein.[37] Das erste lautet: »The world disintegrates around me« und ist einem Statement entnommen, das Yvonne Rainer im März 1968 dem Programmheft ihres Stücks »The Mind is a Muscle« beifügte. Der Satz steht im Kontext einer kurzen Selbstvergewisserung, in der Rainer die Position ihrer künstlerischen Arbeit reflektiert – im Verhältnis zu einer »Welt in der Krise«, in der das Fernsehen zeigt, wie ein Vietnamese erschossen wird, und eine militärische Organisation des Feminismus zu erwarten sei.[38] Das zweite Zitat lautet: »By Palm Desert springs often run dry.« Smithson hat es der Rückseite der Hülle von »Song Cycle« entnommen, dem ersten Soloalbum von Van Dyke Parks, einem ehemaligen Hollywood-Kinderschauspieler und jungen Songwriter-Genie aus Los Angeles, das bereits mit Brian Wilson von

 

den Beach Boys kooperiert hatte.[39] Es handelt sich um eine Textzeile aus dem Song »Palm Desert«, der das alte Hollywood mit den industriellen »banks of toxicity« in Beziehung setzt, einen Zerfall und ein Verblassen der frühen Filmära und deren Ersetzung durch Luxus-Wüstenoasen wie Palm Desert andeutet: »Meanwhile in the wild west of Hollywood age is losing hold.« Die »desintegrierende/zerfallende Welt« der New Yorker Künstlerin Yvonne Rainer ist die Wüste des Politischen, die Smithson zwei Jahre später, in seiner Antwort auf die Artforum-Umfrage, im Bild des lähmenden, abscheuerregenden Strudels fasst. Der Verlust des Alters bzw. Zeitalters und der Hinweis auf die austrocknenden Brunnen bei Van Dyke Parks thematisieren u.a. kalifornische Bodenpolitik und Umweltvergiftung. Zwei Sorten Wüste mithin: die Wüste des Politischen und die politisierte Wüste. Als diskursives Territorium bildet sie eine Art Schnittstellen-Topographie zwischen Moderne und Postmoderne, eine »Projektionsfläche« nicht nur für psychische und kulturelle Zustände, sondern auch für verschiedene Auffassungen von Natur, Landschaft, Humanismus, Subjektivität.

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