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Kunst und Kinematographie
Editorial
Gregor Stemmrich
 
 
 
 
 

 

„Kino und Kunst stellen eines der Paare von Bezugsgrößen dar, die unaufhörlich schlechte Seminare, entnervende Konferenzen und belanglose Ausstellungen zur Folge haben, auf denen Kunst zu etwas Ähnlichem in Beziehung gesetzt werden soll. Der Wunsch, in die Welt des Mainstream-Kinos einzutauchen, ist äußerst attraktiv für Künstler, die mit den Bedeutungen, die dieses Medium erzeugt hat, anzubändeln versuchen.« [1]

Liam Gillick 2002

Liest man das hier vorangestellte Zitat des englischen Künstlers Liam Gillick, so könnte man fast meinen, ein Modul zum Thema »Kunst und Kinematographie« sei ein im Ansatz verfehltes Unternehmen. Gillick bringt eine gewisse Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass viele Künstler im Kino nach einer Art von kultureller Bedeutung suchen, die der Kunstkontext so nicht zu bieten vermag, dass aber Kuratoren, Kunstkritiker und Theoretiker die Attraktivität des Kinos für die Künstler zum Anlass nehmen, Kunst zu etwas »Ähnlichem« in Beziehung zu setzen. Sie gehen dabei letztlich doch bloß vom

 

Kunstkontext aus. Eine andere Enttäuschung artikuliert Gillick jedoch in Bezug auf das Kino selbst: »In mancher Hinsicht ist das Kino eine der schwerwiegenden Enttäuschungen des 20. Jahrhunderts, wenn man von der Weise ausgeht, in der es formalisiert wurde. Doch die Erfahrung und das Potenzial des Kinos sind etwas vollkommen anderes.« [2] Dieser letzte Satz hebt die Enttäuschung nicht auf, aber er indiziert einen Blickwinkel, der es gestattet, auf andere Weise mit ihr umzugehen: Das Kino hat sich zu bestimmten Codes verfestigt, von denen viele kaum noch jemals als solche ins Bewusstsein treten; doch die Erfahrung des Kinos wird davon letztlich nicht tangiert. Denn diese Erfahrung bezieht sich auf ein Potenzial des Kinos, das von keiner Formalisierung erfasst oder erschöpft wird.

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts haben sowohl Filmemacher als auch bildende Künstler immer wieder – auf teilweise sehr unterschiedliche und teilweise direkt korrespondierende Weisen – versucht, dieses Potenzial freizusetzen. Sie waren sich dabei der heterogenen kulturellen Kontexte der Kunst und des Kinos sehr wohl bewusst – einer Heterogenität, die nicht durch die Erklärung aufgehoben werden kann,

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