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Themenicon: navigation pathKunst und Kinematografieicon: navigation pathDebord
 
 
 
 
 

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»ICH LIEBE MEINE KAMERA, WEIL ICH ES LIEBE ZU LEBEN: Ich zeichne die besten Momente meines Lebens auf und lasse sie in all ihrer Reichhaltigkeit wieder aufleben, wann immer ich es will.« (Abb. 3 und Bildunterschrift) Unter dem Foto steht eine Bildunterschrift mit dem Titel »Die Beherrschung des Lebens durch das Spektakel«, die sich wie folgt liest: »Diese Werbung für die Eumig-Kamera (Sommer 1967) weist sehr treffend auf die Vereisung des individuellen Lebens hin, das in der spektakulären Perspektive umgekehrt wurde: die Gegenwart wird als etwas hingestellt, das gleich als Erinnerung erlebt wird. Durch diese Verräumlichung der Zeit, die sich in die illusorische Ordnung einer ständig zugänglichen Gegenwart fügen muß, sind die Zeit und das Leben gleichzeitig verlorengegangen.« [6]

In diesem Fall ist Film nicht die Ursache, sondern eine Illustration, eine ›Beschwörung‹ bzw. Vergegenwärtigung – obgleich eine bevorzugte – einer soziopolitischen und erkenntnistheoretischen Veränderung, die im Spätkapitalismus stattgefunden hat. Eine Haltung zur Produktion von Spektakel (in den eigenen vier Wänden gedrehte Filme) wird gesehen als ein Symptom einer »spektakulären Ökonomie« (der

 

Zeitstruktur von entfremdeten sozialen Verhältnissen). Oder wie Debord es Jahre später, in einem versteckten Hinweis auf diese Anzeige, ausdrückt: »Wenn jemand das Leben liebt, dann geht er ins Kino.« [7] – siehe die »Situationisten im Kino«.[Abb. 4 und BU] Der Widerstand gegen das leichtfertige in einen Topf Werfen von Kino und Spektakel ist unumgänglich, wenn man das komplexe Verhältnis zwischen der Situationistischen Internationale (SI) und dem Medium Film verstehen will. Geht man davon aus, dass das Kino ein Synonym für das Spektakel ist – eine Raumeinteilung der Zeit, eine Inszenierung der Trennung, eine Begünstigung der Passivität und der Entfremdung usw. –, ist es ganz einfach inakzeptabel und muss beseitigt werden. Zusammen mit anderen Formen des Spektakels, darauf besteht Debord, »muss auch das Kino zerstört werden.« [8] Trotzdem bleibt die Frage, in welchem Ausmaß die Missbilligung des Kinos in diesem Fall eine Kritik an der Politik des ›Apparates‹ ist, die vergleichbar ist mit den Thesen von Martin Heidegger und später von Jean-Louis Baudry und Jean-Louis Comolli in Bezug auf die Vergegenständlichung, die zu jeglicher Form von Darstellung gehört. [9] Es könnte

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