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TV mit Mikro (Paik, Nam June)Kuba-TV (Paik, Nam June), 1963Video Synthesizer und ‘TV-Cello’ Collectibles (Paik, Nam June; Yalkut, Jud), 1965
 
 
 

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kann also nur mit Manipulationen des aktuellen, laufenden TV-Programms arbeiten. Und auch das ist noch sehr sparsam: In Deutschland gibt es 1963 nur einen einzigen TV-Kanal, und der sendet nur abends zwei Stunden von halb acht bis halb zehn.

Jeder der zwölf Fernseher in der Ausstellung ist auf andere Weise modifiziert, zwei davon spielen mit der Bild-Ton-Relation: Wenn man Geräusche in ein Mikrofon macht, werden diese in schnell schwingende Muster übersetzt (siehe TV mit Mikro). Oder ein Tonband ist an die Bildröhre angeschlossen, so dass man auf der Mattscheibe die von der Musik erzeugten Muster sehen kann, ohne sie zu hören (»Kuba-TV«). Hier wird der jahrhundertealte Wunschtraum der Synästhesie durch einen simplen technischen Kurzschluss realisiert. Doch bei aller Ironie ist Paiks tieferes Anliegen eine Übertragung von Cages musikalischer Arbeit mit Zufallsfaktoren auf die Bildkünste, zu deren Begründung er bis auf die physikalischen Eigenschaften des Elektrons zurückgeht: »INDETERMINISMUS und VARIABILITÄT sind die extrem UNTERENTWICKELTEN Parameter in der optischen Kunst, obwohl dies das zentrale Phänomen der Musik während der letzten

 

zehn Jahre gewesen ist.« [24] Ausdrücklich fordert Paik somit die Übertragung von kompositorischen Prinzipien der Musik auf die Bildkünste. Dem entspricht eine industriell-technische Entwicklung vom Ton zum Bild, wie sie schon bei Edison auftrat, die aus dem Tonband das Videoband werden lässt.

Sobald die ersten Geräte auf den Markt kommen, stürzt Paik sich auf die Videotechnik und verkündet 1965 programmatisch: »Es ist eine historische Notwendigkeit, falls es eine historische Notwendigkeit in der Geschichte gibt, das eine neue Dekade des elektronischen Fernsehens der vergangenen Dekade der elektronischen Musik folgt.« [25] Doch die von der Industrie gelieferten Videogeräte reichen Paik nicht. 1970 beginnt er zusammen mit dem Techniker Shuya Abe und der Unterstützung eines TV-Senders, einen eigenen »Videosynthesizer« zu bauen. Mit ihm kann er nun das elektronische Bild manipulieren, um es aus der TV-Ästhetik zu befreien und zu einem frei formbaren künstlerischen Material zu machen. So wie Walter Ruttmann ein halbes Jahrhundert zuvor seine Filmapparatur baute, um mit dem Film so wie mit Pinsel und Farbe zu arbeiten, verkündet nun Paik: »Eines

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