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neben Sträuchern, Steinen und Schanzgerät reale Waffen und Pappkameraden drapiert waren. Suggestive Marschmusik aus dem Orchestrion und der appellative Charakter der Soldatenperspektive forcierten die Involvierung der Betrachter zusätzlich. Aus allen Richtungen – gewissermaßen physiologisch – wurde der Bildapparat mit der Präzision eines fotorealistischen Illusionismus auf den Betrachter konzentriert und justiert. Damit repräsentierte das Sedanpanorama die Summe des illusionstechnischen Könnens und wahrnehmungsphysiologischen Wissens seiner Zeit, wie dies von Hermann von Helmholtz in einer Reihe von Vorträgen formuliert worden war.[13] Für uns Heutige, deren mediale Wahrnehmungen sich grundlegend von denen des 19. Jahrhunderts unterscheiden, ist die Wirkung stehender Panoramabilder auf damalige Augen kaum nachvollziehbar. In den ersten Momenten erschien die leuchtende Szenerie so vehement, dass viele Zeugen betonten, sie fühlten sich in einer realen Schlacht. Die Neue Preußische Zeitung etwa schrieb: »Zunächst ist der Besucher wie festgebannt, er ist überrascht und unwillkürlich hält er sich zurück. Man fürchtet, unter die Pferde zu kommen und fühlt das

 

Bedürfnis, sich rückwärts zu concentrieren. Die Luft erscheint wie von aufwirbelndem Staube und Dampf erfüllt. Trompeten schmettern, Trommelwirbel, Paukenschläge […].«[14] Multimedial wurde den durch das Sedanpanorama geführten Schülergruppen damit Kadavergehorsam eingeimpft, wie er zum Grundstoff für die Massengemetzel des 1. Weltkriegs wurde. Motiviert Benayouns Panorama eine grundsätzliche Skepsis am Bild – ein virtuelles Bild, das er der Zerstörung schrittweise preisgibt –, so waren die Schlachtenpanoramen des 19. Jahrhunderts vielmehr dem Glauben an die Bilder und ihre Wirkungsmacht verpflichtet.

Das Panorama und seine Vorläufer II: »Der große Kalvarienberg«

Historisch wurde die Suggestionskraft virtuell-immersiver Bildräume jedoch nicht nur als ein visuelles Massenmedium im Dienst der Politik eingesetzt, sondern auch für kirchliche Machtstrategien: So entstand bereits mit Beginn des 16. Jahrhunderts in Oberitalien, gewissermaßen als Bilderwall gegen die anbrandende Reformation, die Bewegung der

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