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Intonarumori (Russolo, Luigi), 1914Imaginary Landscape No. 1 (Cage, John), 1939
 
 
 

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Musik[…].«[10] Diese veränderte Wahrnehmung von Geräuschen hatte nicht erst mit dem Radio, sondern schon mit der Industrialisierung eingesetzt. Die italienischen Futuristen verstanden den Rhythmus der Maschinen als ästhetischen Ausdruck ihrer Epoche, und so proklamierte der Maler Luigi Russolo 1913 die ›Geräuschkunst‹: »Das Leben der Vergangenheit war Stille. Mit der Erfindung der Maschine im 19. Jahrhundert entstand das Geräusch. […] Wir haben Spaß daran, den Krach der Jalousien, […] den Lärm und das Scharren der Menge, die verschiedenen Geräusche der Bahnhöfe, der Spinnereien, der Druckereien […] im Geiste zu orchestrieren. Wir wollen diese so verschiedenen Geräusche aufeinander abstimmen und harmonisch anordnen.«[11] Russolo konstruierte spezielle mechanische Geräuscherzeuger und führte diese ›intonarumori‹ in Veranstaltungen vor, denen bedeutende Künstler und Musiker der Zeit beiwohnten. Edgard Varèse, John Cage und andere wurden von Russolos Geräuschkunst beeinflusst und setzten zuerst das Schlagzeug, das bis dahin vorwiegend rhythmisch akzentuierend in der Kunstmusik verwendet worden war, als Träger einer Musik aus Geräuschklangfarben ein.

 

Radiokunst

John Cage war 1951 mit »Imaginary Landscape No. 4« der erste, der die Spezifika des Radios – das Fiepen und Rauschen, das zufällige Nebeneinander von Sprache, Musik und Geräusch auf dem Wellenband – in einer Komposition zur Aufführung brachte. Er verwendete also nicht nur die aus traditioneller Sicht vielleicht gerade noch hinnehmbaren natürlichen Geräuschklänge, sondern auch die in der Musik gänzlich unerwünschten Nebeneffekte technischer Medien als musikalisches Material. In den 1960er Jahren entwickelte sich aus diesem Ansatz heraus eine spezifische ›Radiokunst‹[12], die neben den ästhetischen Effekten der Übertragung und Wahrnehmung von Klang über den Rundfunk auch die gesellschaftlichen Bedingungen der Produktion und Konsumption des Radios thematisierte. Negativland beispielsweise zeigen in Radio-Collagen aus gefundenen Audiobruchstücken ästhetische und soziale Effekte warenwirtschaftlicher Kontrolle von Medieninhalten und leiten daraus – wie John Oswald – die Forderung nach Bewahrung kreativer Spielräume beim Umgang mit Technologie ab.

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