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Zwei Momente können einer solchen historisch höchst stabilen Vorstellung einer mimetischen Beziehung zwischen Gesichtsausdruck (Mimik) und menschlichem Charakter oder Affekt in die Quere kommen: Erstens: Die Zufälligkeit des fotografischen Aufnahmemoments kann auch gänzlich unzutreffende, ja sogar entstellende Bilder hervorbringen: Was das fotografische Bild an Optisch-Unbewußtem (Benjamin) zu Tage fördert, kann zwar physiologisch interessant sein, aber es eignet sich nicht immer, genauer: sogar selten, zum Ausdrucksagenten. Daher ist das Fotografieren essender Menschen so unakzeptabel. Und das macht auch den schlechten Ruf des Schnappschusses aus, der sich ja sowohl von der inszenierten Großformatfotografie als auch von der subtilen des entscheidenden Moments unterscheidet. Partyfotografie ist tatsächlich erst im Übergang zum 21. Jahrhunderts schick und kunstfähig. Eine Frage wäre also: Kann man mit einer einzelnen Fotografie überhaupt etwas über einen Menschen aussagen, die Mimik als Ausdruck von etwas deutbar werden lassen? Das fotografische Einzelbild scheint zu anfällig für Zufälle zu sein, um ihm jenseits von festgelegten

 

Ausdrucksrepertoires, Pathosformeln oder auch Grimassen eine Semantik zu unterlegen. Eine Serie ist nötig. Eine Serie von Bildern derselben Person, aus denen dann im Nachhinein, das treffendste, das ausdrucksstärkste herausgesucht wird. Ausdrucksstärke wäre also ein Selektionsprinzip, das einer kulturell eingeübten Lektürepraxis unterliegt, Wahrheiten überhaupt erkennen zu können, ein Vermögen des Betrachters.

Zweitens kann das angenommene Äquivalenzverhältnis zwischen Ausdruck und Affekt/Gefühl durch das Schauspiel durcheinander geraten. Denn der Schauspieler ist an sich schon ein Simulant: Er spielt Mimiken und Gestiken als ob sie echt wären, d.h. einem zugrunde liegenden inneren Affekt- oder Gefühlszustand entsprächen oder einem Charakter. Spielfilme setzen auf den Realitätseffekt sowohl des Spiels als auch des filmischen Bildes. Beides – weder das Spiel und das Filmbild – sind echt, sondern gewissermaßen falsch echt, also simulacral.

Isabell Heimerdingers Arbeit setzt genau hier an: Sie stellt den gespielten Szenen Kontrollaufnahmen zur Seite, an denen sich die Echtheit oder Nichtechtheit

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