Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser. |
Douglas Davis
»Seven Thoughts«
Ich wollte unbedingt etwas mit Satelliten machen. Das war das große Unbekannte und darum exotisch. Ich wollte es benutzen, um damit sehr avantgardistisches, konzeptuelles Video zu verbreiten, etwas, das niemand erwartet oder sich wünschte. Damals hatte noch kein Künstler mit Satelliten gearbeitet. Viele dachten, dass wir, wenn wir Glück hätten, vielleicht einen Fernsehsender überzeugen könnten, eine Live-Performance zu senden oder ein paar Minuten Videokunst zu zeigen. Doch das empfand ich als zahm. Ich dachte, dass so etwas die ganze Zeit und das Stiefelküssen nicht wert wäre. Ich wollte lieber den Satelliten für mich allein haben, selbst wenn es nur ein kleines Stück war.
[...] Wir entscheiden uns dafür, den Comsat-Satelliten anzumieten, um mit ihm eine kompromisslose Performance zu machen. Es war anscheinend das erste Mal, dass ein Privatmann dies tat. Das war für mich ein Wunder, denn dieses Satellitensystem war mit unserem Steuergeld eingerichtet worden – warum durften wir es da nicht auch benutzen?
Als sicher war, dass die ganze Arbeit in Houston stattfinden würde, dachte ich an den Astrodome. Der war damals das größte überdachte Stadion der Welt. Aber vor allem war er vollkommen rund. Für mich war die Verbindung zwischen dem Satelliten und dem Dach des Dome entscheidend. Wir haben schließlich die Genehmigung erhalten, den Astrodome am Abend des 29. Dezember 1976 zu benutzen, denn an dem Tag war er leer. Er wurde nicht benutzt und war darum billig zu mieten. Das wäre sonst gar nicht gegangen, weil weder ich noch das Museum sehr viel Geld hatten. Wenn Giuseppe Panza, ein Sammler aus Mailand, nicht Geld für die Arbeit gegeben hätte, hätte ich die »Seven Thoughts« nie äußern können.
[...]
Im Astrodome war niemand außer den Leuten, die an der Performance mitgearbeitet haben. Aber das Signal aus dem Astrodome hätten Leute auf der ganzen Welt hören können. Fernseh- und Radiosender haben unsere Sendung empfangen und ausgestrahlt. Die »Seven Thoughts« waren freie Gedanken. Wir haben an alle Comsat-Empfänger ein Telegram geschickt. Ich habe den Menschen sieben sehr persönliche Gedanken angeboten. Für mich war besonders die Privatheit dieser Sendung wichtig. Ich wollte keine imperialistische Massenbotschaft verbreiten, sondern in persönlichen Kontakt mit jemandem treten... mit dir... wo immer du auch warst.
Die Performance begann um halbzehn. Wir konnte das ganze riesige Stadion mit seinen Lichtern und seinen Anzeigetafeln nur für 30 Minuten mieten. Um 9 Uhr 28, als ich gerade anfangen wollte, kam einer der Hausmeister mit einem Telefon angelaufen, und rief: »Da ist jemand aus Bombay in Indien dran. Sie müssen denen die sieben Gedanken sagen, bevor sie das im Radio ausstrahlen.« Aber ich hatte keine Zeit mehr. »Sag denen, dass es ein Gruß zum neuen Jahr ist«, antwortete ich, bevor ich hinaus aufs Feld lief, damit ich pünktlich um halbzehn anfangen konnte.
Dann begann der stille Teil der Performance, die von den Kameras aufgezeichnet wurden, die von der Decke des Stadions hingen. Ich lief mit der kleinen schwarzen Kiste, in der die sieben Gedanken waren, im Kreis herum. Nach 20 Minuten ging ich in die Mitte des Stadions, wo von oben ein Mikrophon heruntergelassen wurde. Zwischen 9 Uhr 40 and 9 Uhr 50 sprach durch das Dach des Stadions über den Satelliten zu den Ohren der Welt. Wir hatten nur zehn Minuten für die direkte Sendung. Mir gefiel diese Komprimierung und diese Dichte. Nachdem ich die sieben Gedanken in das Mikrophon gesprochen hatte, verschloss ich die kleine schwarze Kiste, in der die Gedanken immer noch stecken.
(Quelle: Douglas Davis, in: Tilman Baumgärtel: [net.art] Neue Materialien zur Netzkunst, Nürnberg 2001, S. 54f.)