Matthew Barney
»Cremaster 4«

»CREMASTER 4« (1994), der Teil des Zyklus, der als erster abgeschlossen wurde, hält sich eng an das biologische Modell des Projekts. Diese vorletzte Episode beschreibt, wie das System dem Niedergang entgegen eilt, obwohl es sich gegen die Teilung wehrt. Das Logo für dieses Kapitel ist das Triskelion-Emblem der Isle of Man, drei gleiche armierte Beine, die sich um eine Mittelachse drehen. Der Film, der auf dieser Insel spielt, integriert ihre Folklore sowie ihre jüngste Inkarnation als Gastgeberin des Tourist Trophy-Motorradrennens. Mythos und Maschine erzählen gemeinsam die Geschichte einer Kandidatur, zu der eine Willensprobe gehört, die durch eine Reihe von Übergangsstufen und Transformationen ausgedrückt wird. Der Film umfasst drei Bereiche, in denen die Hauptpersonen agieren. Der 'Loughton-Kandidat' (von Barney gespielt) ist ein Satyr in einem edwardianischen Anzug. Er trägt zwei Paar eingekeilter Muffen auf dem Kopf – Hornansätze, die sich zu den Hörnern des reifen Loughton-Bockes auswachsen werden, der zu einer alten, auf der Insel heimischen Schafrasse gehört. Seine Hörner – zwei weisen im Bogen nach oben, zwei nach unten - bilden ein Diagramm, das durch sein Gleichgewicht zwischen Aufstieg und Abstieg andeutet, dass nichts entschieden ist. Zum zweiten und dritten Bereich gehört jeweils ein Zweierteam Motorradfahrer: die aufsteigenden und die absteigenden Hacks [=Motorrad mit Beiwagen]. Um diese Hauptpersonen kümmert sich ein tuntenhaftes Elfentrio, das die drei Erzählbereiche, die von dem Kandidaten und den beiden Rennfahrerteams besetzt sind, spiegelbildlich darstellt. Da diese Wesen keinen eigenen Willen haben, verwandeln sie sich gemäß dem Feld, das sie gerade besetzt halten.

(Quelle: Matthew Barney, The Cremaster Cycle, Hatje Cantz Verlag, 2002 Ostfildern-Ruit)