Hinweis: Wenn Sie diesen Text sehen, benutzen Sie einen Browser, der nicht die gängigen Web-Standards unterstützt. Deshalb wird das Design von Medien Kunst Netz nicht korrekt dargestellt. Die Inhalte selbst sind dennoch abrufbar. Für größtmöglichen Komfort und volle Funktionalität verwenden Sie bitte die empfohlenen Browser. |
Sherrie Levine
»After Walker Evans«
»Sherrie Levine After Walker Evans« lautete der Titel einer Ausstellung, die 1981 in der neu eröffneten Galerie Metro Pictures in New York gezeigt wurde. Zu sehen war eine Reihe berühmter Aufnahmen des Fotografen Walker Evans, die Levine aus einem Ausstellungskatalog abfotografiert hatte. Evans Aufnahme der Zimmerecke einer schlichten Holzhütte oder sein Porträt einer verhärmten Landarbeiterin waren inzwischen bereits zu Ikonen künstlerischer Fotografie avanciert, unterlagen jedoch keinem Copyright mehr: Levine rekurrierte in ihrer Auswahl auf Fotografien, die Walker Evans in den 1930er Jahren für die Farm Security Administration (F.S.A.), eine Einrichtung der Rooseveltregierung zur Verbesserung der Lebensverhältnisse verarmter Landpächter im amerikanischen Süden, aufgenommen hatte und die bereits freigegeben waren. Levines Geste des Reproduzierens lässt sich in mehrfacher Hinsicht interpretieren: Es ist eine Geste der Aneignung und weist zugleich jeglichen kreativen Akt zurück. Indem sie die refotografierten Fotos von Evans in einer Kunstgalerie ausstellt, zitiert sie die Musealisierung der Fotografie, die seit den 1970er Jahren auch dokumentarische und wissenschaftliche Fotografien zu originalen Kunstwerken nobilitiert hat, und macht dadurch diesen Vorgang sichtbar. Nicht zuletzt aktualisiert sie auch die Thematik von Evans Fotografien (man konnte einen Bezug zu den Auswirkungen von Reagans Politik auf die unteren Bevölkerungsschichten herstellen). Anders als Richard Prince, dessen Refotografien von Werbebilder den Blick auf die alltägliche visuelle Kultur lenken und diese aufwertet, reflektiert Levine die Mechanismen des Kunstsystems, die um Begriffe wie Autorenschaft und Originalität organisiert ist, und stellt diese in Frage.
Die Paradoxien dieses Systems haben auch die Arbeiten Levines eingeholt: Während man die fraglichen Fotografien von Walker Evans vervielfältigen und abbilden kann, sind die Refotografien Levines urheberrechtlich geschützt. Die vom Künstler Michael Mandiberg erstellt Website http://www.AfterSherrieLevine.com/ thematisiert diese Problematik und zeigt die von Levine verwendeten Fotografien.
Susanne Holschbach