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Gesang der Jünglinge (Stockhausen, Karlheinz), 1955Kugelauditorium (Stockhausen, Karlheinz), 1970Drive In Music (Neuhaus, Max), 1968
 
 
 

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Raum

Im 20. Jahrhundert erhielten klangliche Raumwirkungen neue Bedeutung. Raumorte und -bewegungen waren in der theoretischen Reflexion von Musik lange nicht als Gestaltungsparameter behandelt worden, obwohl sie zum Beispiel schon bei Andrea und Giovanni Gabrieli im Venedig des 16. Jahrhunderts gezielt eingesetzt worden waren. Nach Ansätzen von Gustav Mahler und Charles Ives erhob Edgard Varèse den Raum zu einer zentralen Kategorie, indem er seine Musik physisch im einzelnen Klang zu materialisieren suchte. Durch speziellen Orchestereinsatz ließ er sie im Raum bewegen und rückte sie damit in die Nähe skulpturaler und choreografischer Werke.

Noch bevor Varèse Klangmassen und -flächen im Philips-Pavillon elektronisch mobilisieren ließ, behandelte Karlheinz Stockhausen 1956 in dem fünfkanaligen Tonbandstück »Gesang der Jünglinge« und 1955–1957 in »Gruppen«, bei dem drei Orchester um das Publikum verteilt sind, den Raum als gleichwertigen Gestaltungsparameter neben Tonhöhe, Lautstärke, Dauer und Klangfarbe.[47] Auf seine Anregung wurde 1970 der deutsche Pavillon der

 

Weltausstellung in Osaka als Kugelauditorium gebaut, in dem Klänge elektroakustisch dreidimensional bewegt werden konnten.[48]

Max Neuhaus kehrte 1967 die übliche Denkrichtung um und gelangte dadurch zu einer neuen Art von musikalischem Raum: der Klanginstallation. Musik sollte nicht bereichert werden, indem ihr eine Dimension hinzugegeben wird, sondern sie sollte primär vom Raum ausgehen: »Traditionellerweise haben Komponisten die Elemente einer Komposition in der Zeit angeordnet. Mich interessiert aber, wie man sie stattdessen im Raum platziert und es dem Zuhörer überlässt, sie in seiner eigenen Zeit anzuordnen.«[49] Neuhaus installierte für »Drive In Music« Klangquellen zum Hören via Autoradio entlang einer Straße und ordnete dadurch die Zeit dem Raum unter. Musikalische Form war zum ersten Mal in der Musikgeschichte nicht mehr primär Zeitkunst, sondern basierte auf dem Raum. Zeitliche Abfolge ergibt sich aus drei Faktoren: Der Verteilung von Klangquellen (meist Lautsprecher) im Raum; dem individuellen Weg des Benutzers, bei Installationen im öffentlichen Raum von Alltagsbedürfnissen geprägt; sowie einer häufig

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