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klassischen Kino fremd war, statt.

Das Wahre und das Falsche: Deleuze und Benjamin

Eine weitere Möglichkeit, Deleuzes Theorie des Kinos auf Grahams »Cinema« zu beziehen, bietet die Konzeption des »Welt-Gedächtnisses«, die Deleuze mit der Frage nach der Wahrheit verknüpft: »Wir stehen nun nicht mehr vor der ununterscheidbaren Unterscheidung zwischen Realem und Imaginären, welche das Kristallbild ausmachte, sondern vor unentscheidbaren Alternativen zwischen Vergangenheitsschichten oder vor ›unerklärbaren‹ Unterschieden zwischen Gegenwartsspitzen, welche nun das direkte Zeit-Bild betreffen. Nicht mehr geht es um das Reale und das Imaginäre, sondern um das Wahre und das Falsche […] die Vergangenheit muss nicht wahr sein« [33] . Ein ganzes Kapitel seiner Kinotheorie hat Deleuze dieser »Macht des Falschen« gewidmet. Um jedoch zu verstehen, wie sich die Frage nach dem Weltgedächtnis und der historischen Wahrheit in Bezug auf Grahams »Cinema« stellt, können nicht einfach Deleuzes Bestimmungen darauf übertragen werden, denn sie bleiben dem Filmmedium verhaftet. Den

 

Ausgangspunkt für Grahams »Cinema«-Konzeption bildet vielmehr Benjamins Begriff der Geschichte, den er auf das Kino bezogen wissen möchte. Erst im Zusammenhang damit werden Deleuzes Bestimmungen relevant.

Graham geht davon aus, dass der Film die Macht hat, die Struktur des historischen Gedächtnisses zu verändern. Er verweist auf die Parallelen, die der Filmtheoretiker Thierry Kuntzel zwischen Freuds »Wunderblock«-Modell des Gedächtnisses und der technischen Anlage des Films feststellte: Filme haben den Charakter von »Gedächtnisspuren« oder »Träumen«, die »implantiert« wurden. [34] Sein »Cinema« ist darauf angelegt, eine Begegnung mit dieser Gefahr zu ermöglichen, in der ein gegenläufiger Effekt, d.h. eine andere »Erinnerung«, erzeugt wird. Damit korrespondiert Benjamins »Begriff der Geschichte«: »Vergangenes historisch artikulieren heißt nicht, es erkennen, wie es denn eigentlich gewesen ist. Es heißt, sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt« [35] . Voraussetzung dafür sei ein Bewusstsein von »Jetztzeit«, das die Zeit »stillstellt«, so dass das »wahre Bild der Vergangenheit«

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